7. THESE: Um allen Lebewesen ein würdevolles Dasein zu ermöglichen, muss die Definition von Wohlstand im Einklang mit regenerativen Grundsätzen sein.
ZIEL: Eine Balance zwischen dem lokalen und dem globalen, zwischen Konsens und Handeln aufrecht zu erhalten
Wie immer treffen wir uns am Freitag (9.12) um 12:45 - 14:15 in Zoom um diese These zu diskutieren - hier klicken zum Anmelden. Die Aufnahmen der bisherigen Diskussionen sind hier zu finden.
DIE AUSGANGSLAGE
Unsere aktuellen Märkte fußen auf der Signalisierungs-Funktion von Fiatgeld-Währungen, die im besten Fall durch die Wirtschaftsleistung ihrer Ursprungsregionen gedeckt sind. Diese Form der Organisation erschien vor über 50 Jahren, als der US-Präsident Nixon das Ende der Bretton Woods Ära einleitete, sinnvoll. Dies ist sie heute jedoch nicht mehr.
Eine solche Form der Organisation hat zwei Hauptfolgen: Erstens akkumuliert sich Kapital dort, wo es bereits vorhanden ist, was zu einem massiven Ungleichgewicht in seiner Verteilung führt. Anders ausgedrückt verfügt eine kleine Gruppe von Menschen dank der Anhäufung von Kapital mit Signalisierungsfunktion über so viel Marktmacht wie die vier Milliarden (finanziell) ärmsten Menschen auf unserem Planeten. Zum anderen verfügen ausschließlich Dinge und Leistungen über eine intrinsische Signalisierungsunktion, sofern sie in einer Fiatgeld-Währung ausdrückbar sind.
Die Verschmutzung der Umwelt, unbezahlte Überstunden, freiwillige Leistungen von Milliarden von Menschen werden nicht berücksichtigt und spielen daher keine Rolle.
Diese Phänomene führen einerseits zu einer immer größeren Kluft zwischen Arm und Reich, welche mit der extraktiven Ausbeutung unseres Planeten Hand in Hand geht, und des Weiteren zu wachsenden Konflikten zwischen Nationen, Gesellschaften und Bevölkerungsgruppen.
DIE VISION
In der Regenerativen Marktwirtschaft spielt eine differenzierte Signalisierungsfunktion eine wesentliche Rolle im erfolgreichen Aufbau und der Aufrechterhaltung eines gesunden Marktes. Das Ziel der Regenerativen Marktwirtschaft, einen Markt zu stärken, der die tatsächliche Verfasstheit des Systems repräsentiert, beginnt mit der Neudefinition von Wert und Reichtum. Im ursprünglichsten Sinne von Ökonomie bedeutet diese das Haushalten und das aktive Kümmern um das Wohlergehen des Haushaltes. Auf diesem Bild basiert die Regenerative Marktwirtschaft.
Allerdings umfasst, aufgrund der globalen Natur unserer Herausforderungen und Wünsche, dieser „Haushalt“ mittlerweile unseren gesamten Planeten, alle Natur und alles Leben.
Wir integrieren damit Kate Raworths Idee der “Doughnut Economy” in den Markt und legen die Bilanz derselben dem gesellschaftlichen Wohlstand zugrunde. Das Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage regelt sich in der Regenerativen Marktwirtschaft unter Berücksichtigung der Grenzen des Lebens, die Raworth in ihrer Doughnut Ökonomie anschaulich definiert hat. Demnach ist nachhaltiges wirtschaftliches Handeln nur im Innenring eines Doughnuts möglich, der sich mit Blick auf die von Johan Rockström definierten planetaren Grenzen unterhalb eines gewissen Ressourcenverbrauchs und oberhalb gewisser sozialer Standards (definiert in den „Sustainable Development Goals“) ausbildet.
Mit anderen Worten ersetzen wir die eindimensionale Messung des Brutto-Inlandsproduktes durch eine mehrdimensionale Messung von Umständen, die zum gedeihlichen Leben auf unserem Planeten beitragen. Wenn eine Währung, die qua ihres grundlegenden Designs einen Wachstumsimperativ beinhaltet, weil die Gesamtsumme allen Geldes pro Jahr um zwei bis drei Prozent steigt, an die Grundbedingungen eines gedeihenden Lebens geknüpft ist, wird der Markt ebendiese Grundbedingungen optimieren, um einem Wertverfall der Währung entgegenzuwirken. Dies ist derselbe Wirkmechanismus wie bisher, nur werden nun durch die intrinsische Motivation des Marktsystems negative Externalitäten eingepreist.
Zudem erlebt eine Regenerative Marktwirtschaft einen ständigen Dialog aller sich der Zivilgesellschaft zugehörigen Personen, Unternehmen und Institutionen. In diesem Dialog geht es in erster Linie nicht um das Sprechen, sondern um das Zuhören. Wir wollen dort zuhören, wo Innovation am meisten gebraucht wird, bevor wir implementieren. Dabei gehen wir den Fragen nach, wie wir das Zuhören über soziale Herausforderungen und die individuellen Rahmenbedingungen in die Innovation und Produktionsentwicklung einbinden. Welchen Ansatz können wir verwenden, um konsistente Erkenntnisse über die sozialen Entwicklungen zu gewinnen, die alle Menschen und die richtigen Adressaten betreffen? Wie werden unsere internen und externen Stakeholder die Daten für ihre Arbeit nutzen?
Regenerative Dialoge leben von einer realen und gerechten Machtverteilung. Durch kontinuierliche Reflektion ihrer internen und externen Entscheidungsprozesse werden sie sich ihrer Macht und Privilegien bewusst. Wir arbeiten stets daran, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, Privilegien zu teilen und dem Machtgefälle zwischen Gruppierungen entgegenzuwirken. Regenerative Dialoge ermutigen einzelne Individuen wie auch Gruppen dazu, sich durch Akzeptanz und Gehör einzubringen. Sie leben von einer alle Ebenen durchdringenden Transparenz.
Aus diesen dynamischen, dialogorientierten Wertvorstellungen entsteht (Geoffrey West, Scale) ein überlineares Vorkommen an Ideen. Die Anonymität des Einzelnen weicht der Zugehörigkeit und Teilhabe der Vielen. Alle am System Teilnehmenden und Teilhabenden fühlen sich gesehen und damit verantwortlich.
EIN BEISPIEL
2006 entwickelte die “New Economics Foundation” den “Happy Planet Index” als alternative Methode zur Erfolgsmessung von Ländern. Der HPI setzt sich aus vier Komponenten zusammen, die bereits global in fast allen Ländern gemessen werden: Lebenserwartung bei Geburt, multipliziert mit subjektivem Wohlergehen und dividiert durch den ökologischen Fussabdruck pro Mensch.
Der HPI veranschaulicht auch die Schwierigkeit, die internationalen multipolaren Fallen zu überwinden, die UNS daran hindern, das zu tun, was für den Planeten und die Zukunft der Menschheit offensichtlich richtig wäre. Der Abstand zwischen BIP und HPI pro Land beschreibt die notwendige Intensität der Transformation und inwieweit diese durch eine globale Umstellung von GDP zu HPI als zentrale Messgröße positiv oder negativ ausgeprägt wäre. Dadurch wird auch schnell klar, warum eine solche Umstellung noch nicht stattgefunden hat: Die Länder mit einer hohen negativen Transformations-Intensität sind die aktuellen Hegemonialmächte.