Zukunft heißt Regeneration – Bleiben wir im Reparaturmodus – oder wechseln wir die Perspektive?
Was das Borderstep Impact Forum 2025 über Transformation lehrt – und was daraus folgt.
Autor: Sebastian Fittko
Das kürzliche Impact Forum des Borderstep Instituts, abgehalten im geschichtsträchtigen Harnack-Haus in Berlin Dahlem – einst Wirkungsstätte von Koryphäen wie Albert Einstein und Otto Hahn, heute ein Ort für Zukunftsdebatten – bot Anlass zu intensiven Diskussionen. Als Vertreter der Initiative Regenerative Marktwirtschaft durfte ich dort mit einem Vortrag und Workshop zum Thema regenerative Geschäftsmodelle beitragen. Ein zentrales Gefühl blieb haften: Wir scheinen oft im Reparaturmodus für ein System gefangen, das an seine Grenzen stößt, anstatt mutig neue Wege zu beschreiten. Es ist Zeit für einen echten Perspektivwechsel – weg von einer Wirtschaftsweise, die auf Kosten von Natur und Lebensqualität einseitig Finanzkapital akkumuliert hat.
Zweifellos hat dieses Modell – Ausbeutung natürlicher Ressourcen zugunsten finanziellen Wachstums – über eine gewisse Zeit scheinbaren Fortschritt gebracht. Doch heute sind die Risse unübersehbar: Die Natur leidet, und die menschliche Entwicklung in ihren vielfältigen Dimensionen stagniert in vielen Industrienationen. Anerkannte Indikatoren wie der Human Development Index (HDI) und der Genuine Progress Indicator (GPI) untermauern dies und zeigen oft ein anderes Bild als das reine Wirtschaftswachstum (BIP), was auf eine problematische Entkopplung von finanzieller Prosperität und tatsächlichem Wohlergehen hindeutet. Diese Stagnation gefährdert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und stellt unsere demokratischen Fundamente auf die Probe.
Was wollen wir wirklich wachsen sehen?
Der Ausweg erfordert, dass wir uns grundlegendere Fragen stellen. Nicht nur: Wie optimieren wir Bestehendes? Sondern: Was wollen wir wirklich wachsen sehen? Es bedarf eines ganzheitlichen Wachstumsverständnisses, das über die reine Vermehrung von Finanzkapital hinausgeht – ein Wachstum, das die anderen lebenswichtigen Kapitalformen nicht schmälert. Wie ich in meinem Workshop für die Initiative Regenerative Marktwirtschaft betonte, geht es darum, sämtliche Kapitalarten zu mehren – natürliches, soziales und kulturelles Kapital eingeschlossen, nicht nur ökonomisches.
Geld kompostieren: Finanzkapital in lebendiges Naturkapital verwandeln
Geld kompostieren (Thomas Schindler, 2025) bedeutet, unsere Haltung zu Finanzkapital radikal zu ändern. Statt es unproduktiv anzuhäufen oder in Projekte zu stecken, die unsere Lebensgrundlagen weiter schmälern, sollten wir es gezielt als „Kompost“ einsetzen: um Naturkapital aufzubauen und dessen ureigene regenerative Potenziale zu entfalten. Lange haben wir einseitig auf das Zinseszins-Wachstum (Compounding Growth) von Finanzkapital gesetzt und dabei oft das Schrumpfen der anderen, für uns existenziellen Kapitalien in Kauf genommen. Die neue Perspektive zielt darauf ab, durch das „Kompostieren“ von Finanzmitteln ein positives, sich selbst verstärkendes Wachstum von Naturkapital zu initiieren und zu fördern – mehr Biodiversität, gesündere Böden, vitale Gewässer, widerstandsfähigere Ökosysteme. Dies schafft einen fruchtbaren Nährboden, auf dem nicht nur die Natur selbst, sondern auch vielfältige menschliche und soziale Werte gedeihen können. Die Stärkung dieser lebendigen Kapitalien, allen voran des Naturkapitals, muss zu einem Kernanliegen werden – auch staatlicherseits. Denn ein gutes Leben für heutige und künftige Generationen ist ohne sie undenkbar. Materielle Sicherheit, Gesundheit, gute Beziehungen und eine intakte Natur sind nicht direkt käuflich, doch klug „kompostiertes“ und gezielt in den Aufbau von Naturkapital investiertes Geld kann entscheidend dazu beitragen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Die Gestalter des Wandels: Regenerative Unternehmer
Die Träger dieses Wandels sind engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer. Es ist der innovative Mittelstand, visionäre Start-ups und werteorientierte Familienunternehmen, die über kurzfristige Gewinne hinausdenken und Verantwortung für das Ganze übernehmen. Diese Pioniere, die wir als regenerative Unternehmer (Sebastian Fittko, 2024) bezeichnen, warten nicht ab, sondern gestalten aktiv. Sie entwickeln die notwendigen Rahmenbedingungen für eine regenerative Wirtschaft mit und treten damit an die Politik heran, um eine demokratisch legitimierte Grundlage für ganzheitliches Wachstum und eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. Gabriele Maurer (Jungheinrich AG) betonte im Workshop die Notwendigkeit kontinuierlicher Transformation und deren Vorteile, wie verbesserte Daten für Risikomanagement und Geschäftskontinuität. Dr. Sebastian Feuß (Wildling Shoes) unterstrich die Bedeutung klarer Prinzipien und Prioritäten, auch bei schwierigen Entscheidungen im Wachstumsprozess. Die Workshop-Synthese fasst Florian Lüdeke Freund (ESCP) wie folgt zusammen, dass gerade deutsche Start-ups und Familienunternehmen aufgrund ihrer Werteorientierung wichtige Treiber sind, denn regenerative Geschäftsmodelle fußen auf einem starken Wertefundament.
Mit einer positiven Vision in die Zukunft
Entscheidend für diesen Wandel ist ein Bruch mit alten Denkmustern und einer reinen Problem- und Mangelkommunikation. Statt Angst und Einschränkung benötigen wir eine positive, kraftvolle Vision, die zum Handeln inspiriert und die Herzen der Menschen erreicht. Eine Vision, die sich an den Prinzipien des Lebendigen orientiert – an der Energie der Sonne, der Synergie von Ökosystemen und der Entfaltung menschlicher Potenziale in einer prosperierenden Gemeinschaft.
Das Ziel ist nicht weniger Wirtschaft, sondern mehr regenerative Wirtschaft, gestaltet von verantwortungsbewussten Unternehmern. Die rasante Entwicklung der letzten 20 Jahre – Prof. Dr. Klaus Fichter, Gründer des Borderstep Instituts, und Alexander Bonde (Generalsekretär Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)) erinnerten an das Jahr 2005, als iPhone und YouTube noch Zukunftsmusik waren – zeigt das enorme Transformationspotenzial. Ruth von Heusinger (ForTomorrow) brachte es auf den Punkt: Fokussieren wir uns auf das, was wirklich zählt – Sicherheit, Gesundheit, gute Beziehungen, eine intakte Natur. Und nutzen wir das positive Potenzial neuer Technologien, wie KI, nicht nur zur reinen Ressourcenschonung, sondern vielmehr dazu, die komplexen Zusammenhänge von Natur sowie regenerativem Wirtschaften mit Natur und Mensch schneller zu verstehen. So lässt sich regeneratives Potenzial für ganzheitliches Wachstum – echtes Re-Growth – durch regeneratives Unternehmertum erschließen. Es ist an der Zeit, die Vision einer regenerativen Zukunft mit Mut und Tatkraft zu verfolgen und mit „Lust auf Zukunft“, wie es Franziska Giffey ausdrückte, gemeinsam zu gestalten. Die Chancen sind immens.
Mit regenerativen Grüße
Sebastian Fittko
Über den Autor
Sebastian ist Initiator, Mitgründer und 1. Vorstand der Initiative Regenerative Marktwirtschaft e.V., 2. Vorstand der Bundesiniative Impact Investing und Gründer und Managing Partner von regeneration.PARTNERS.
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